Unter dem Schatten der Zahnbürste

Ein Bericht über Freude, Angst, Trauer, unsägliche Müdigkeit und die geweckte Mordlust auf dem Jugendleiterlehrgang im Naturfreundehaus Lemberghaus und im Schullandheim Strümpfelbrunn.

Mein Name ist hier nicht von Bedeutung. Ich war Einer von Vielen Feuerwehrkameraden, der sich aufgemacht hat, um das Wissen über die Kinder- und Jugendarbeit im Jugendleiterlehrgang zu vertiefen und in diesem Sinne Neues zu erlernen.

Wie es zu der geweckten Mordlust kam und was die oben genannte Zahnbürste damit zu tun hat…dazu später mehr. Im Vorfeld möchte ich mich erst auf die Faktenlage beschränken.

In den zwei letzten Wochenenden im März 2017 hat der Lehrgang in sehr weit von der Heimat entfernten Bildungshäusern stattgefunden. Wir waren 28 Kameraden (davon 5 Damen und 23 Herren) im Alter zwischen 18 und 50+ aus dem Kreis Ludwigsburg und eine Dame aus dem Enzkreis.

Das erste Wochenende stand unter vielen Überschriften. Darunter war das Kennenlernen, Feedback, Kommunikation, Jugendarbeit, Gruppenprozesse, Spiele und das Thema Recht. Apropos Recht… laut Gesetz steht jedem Gefängnisinsassen in Deutschland eine Gefängniszelle mit mindestens 8m² Grundfläche zu. Zu kleine Zellen würden dabei gegen die Menschenwürde verstoßen. Zum Glück sind wir keine Gefängnisinsassen und die gefühlten 2m² für drei Lehrgangsteilnehmer haben uns eine wohlige Wärme in den doch kalten Nächten in Schwäbisch Hall beschert. Die Nächte waren eher zu kurz als zu lang und so war der Aufenthalt in den Zimmern eher nebensächlich.

Unsere zwei Lehrgangsleiter, nennen wir sie mal Dieder S. und ADHJens (Namen durch die Redaktion geändert) haben es immer wieder geschafft uns die Theorie durch Praxisbeispiele näher zu bringen. Wir haben viele Thematiken in Gruppenarbeiten selbst erarbeitet und unsere Probleme, Bedenken und Herausforderungen aus der Jugendarbeit mit unseren Kameraden besprochen und Lösungsansätze entwickelt. Durch verschiedene Spiele, welche wir auch mit den Kindern und Jugendlichen in unseren Jugendfeuerwehren spielen können, konnten wir nach den Mahlzeiten „meistens“ wieder aktiviert werden.

 

Das zweite Wochenende stand unter den Überschriften: Teamentwicklung, Kooperationsspiele, Projektfinanzierung, Projektmethode, Kinder- und Jugendhilfegesetz und der Öffentlichkeitsarbeit. Das zweite Wochenende haben wir im Schullandheim Strümpfelbrunn zusammen mit einem Teil des Spielmannszugs verbracht. Wobei wir uns lediglich zu den Mahlzeiten und uns Abends/Nachts zu den vereinbarten Grölwettbewerben getroffen haben. Der Schwerpunkt des zweiten Wochenendes bestand in der kompletten Ausarbeitung von vier Projekten, die am Ende auch bewertet wurden. Die vier Projekte waren: Anlegen eines Kräutergartens im leerstehenden Obergeschoss einer Feuerwache, Renovierung eines Jugendfeuerwehrraums, Freizeit am Bodensee, Freizeit Orientierungslauf. Wie aufwändig solch eine Planung ist haben wir dementsprechend in der Ausarbeitung erfahren. Wenn Interesse an den Projektunterlagen besteht könnt Ihr Euch gerne bei Dieder S. oder ADHJens melden.

Doch die Harmonie in der Gruppe war unseren zwei Lehrgangsleitern zu viel und so entschieden Sie sich ein Spiel über das gesamte erste und zweite Wochenende ins Leben zu rufen. Vermeintlich wurde ausgelost, wer für die Zeit des Wochenendes der Zahnbürsten- bzw. Zahnspangenmörder sein sollte. Die Zeit der freien Ausgestaltung der Freizeit war damit vorbei. Hinter jeder Tür, unter jedem Bett, auf jeder Toilette, selbst in jedem Traum konnte sich der Zahnbürstenmörder verstecken. Die einzige Abhilfe war es zusammen mit einem noch lebenden Kameraden unterwegs zu sein.

Ich durfte am zweiten Wochenende selbst die Erfahrung machen was es heißt selbst der Mörder zu sein. Und ich muss zugeben ein gewisser Nervenkitzel war dabei, den ich nicht abstreiten möchte. Die Lust zu morden wuchs in mir. Und jeder Mord ohne Anklage bestärkte mich in meinem Tun. Bis zu jenem unsäglichen Tag, wo ich doch entlarvt wurde. Mein einziger Ausweg aus der Misere war die Vortäuschung meines Selbstmords vor versammelter Mannschaft. Seit jenem Wochenende ist die Zahnbürste mein ständiger Begleiter. Und an alle Überlebenden von dem Wochenende; euch sei gesagt, ich bin noch auf der Jagd…

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